Fünf häufige Irrtümer zur Verhinderungspflege
Verhinderungspflege wird von Pflegebedürftigen, laut einer aktuellen Studie des Sozialverbands VdK, wenig genutzt. Es gibt viele Unsicherheiten beim Umgang mit dieser Leistung der Pflegeversicherung. Pflegeberatungsexpertin Adna Hadziresic, Juristin für Sozialrecht bei der compass private pflegeberatung, klärt die fünf häufigsten Irrtümer auf.
Wenn eine private Pflegeperson z. B. wegen Krankheit oder Urlaub vorübergehend nicht für die*den Pflegebedürftige*n da sein kann, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für die sogenannte Ersatz- oder Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI). Das Ziel der Verhinderungspflege ist die Entlastung der Pflegeperson.
Die Verhinderungspflege kann tageweise für maximal sechs Wochen pro Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Wer nur für ein paar Stunden jemanden braucht, der die Pflege übernimmt, kann die stundenweise Verhinderungspflege nutzen.
Doch einige wichtige Punkte gilt es zu beachten. Die fünf häufigsten Irrtümer erklären wir in einem kurzen Überblick:
Irrtum 1: Für Verhinderungspflege kann nur der Pflegedienst eine Rechnung stellen.
Dies stimmt nicht. Die Pflegeversicherung erstattet die Kosten einer privat organisierten Person oder auch eines Pflegedienstes, der die Pflegeperson im Verhinderungszeitraum vertritt. Die Privatperson kann außerdem Fahrtkosten und den eigenen Verdienstausfall geltend machen. Pro Kalenderjahr stehen bis zu 1.612 Euro für maximal sechs Wochen zzgl. 806 € aus Mitteln der Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege zur Verfügung. Bei der stundenweisen Verhinderungspflege erfolgt ausschließlich eine Anrechnung der erstatteten Kosten auf den Höchstbetrag, nicht aber auf die maximale Höchstdauer der Verhinderungspflege von 42 Tagen. In welchem Umfang die Verhinderungspflege letztendlich gezahlt wird, hängt auch davon ab, ob die Ersatzpflegeperson mit der*dem Pflegebedürftigen verwandt bzw. verschwägert ist. Hier gibt es Besonderheiten, die man im Vorfeld mit der Pflegeberatung oder seiner Versicherung abklären sollte.
Irrtum 2: Bei Verhinderungspflege entfällt das Pflegegeld.
Das Gegenteil ist der Fall. Während einer tageweisen bzw. mehrtägigen Verhinderungspflege zahlt die Pflegeversicherung für die Leistungsdauer weiterhin die Hälfte des Pflegegeldes. Auch stundenweise Auszeiten können durch die Verhinderungspflege aufgefangen und unterstützt werden. Die*der pflegende Angehörige benötigt eine kurze Auszeit für maximal acht Stunden eines Tages, um beispielsweise Termine wahrzunehmen? In diesem Fall ist nicht entscheidend, wie lange beispielsweise ein Pflegedienst im Rahmen der Verhinderungspflege vor Ort ist, sondern wie lange die pflegende Person verhindert ist. Bei einer stundenweisen Verhinderung der Pflegeperson von weniger als acht Stunden besteht weiterhin der Anspruch auf das volle Pflegegeld.
Irrtum 3: Verhinderungspflege kann für jede Art der Unterstützung bei der Pflege genutzt werden.
Das ist nicht richtig. Die Ersatzpflege muss im selben Umfang geleistet werden, wie die „normale“ Pflege. Sie kann also gegebenenfalls körperbezogene Pflege, Betreuung und hauswirtschaftliche Leistungen beinhalten. Die Verhinderungspflege soll den Ausfall der Pflegeperson wegen Erkrankung, Urlaub oder aus sonstigen gewichtigen Gründen kompensieren. Sie ist keine Auffangleistung der Pflegeversicherung, mit der alle möglichen Unterstützungen außerhalb gesetzlicher Vorgaben – wie Hausmeister- und umfangreiche Gartenarbeiten – finanziert werden können.
Irrtum 4: Der Anspruch auf Verhinderungspflege besteht jederzeit.
Nein, erst ab Pflegegrad 2 kann die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Eine zwingende Voraussetzung ist jedoch, dass eine vorangegangene Pflege von mindestens sechs Monaten in der häuslichen Umgebung nachgewiesen werden kann. Währenddessen muss jedoch kein Pflegegrad vorgelegen haben. Außerdem muss es einen relevanten Verhinderungsgrund geben. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, besteht Anspruch auf Verhinderungspflege.
Irrtum 5: Leistungen der Verhinderungspflege gibt es nicht im Ausland.
Falsch. Lebt die Person, die die Verhinderungsleistung erbringt woanders, beispielsweise im Ausland, können auch die Kosten für die Anreise zur pflegebedürftigen Person über die Verhinderungspflege erstattet werden. Eine Höchstgrenze der Fahrkosten gibt es nicht. Die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel oder Flugkosten werden in tatsächlicher Höhe erstattet. Wenn die Pflegeperson in diesem Fall notwendige Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten oder Verdienstausfall) nachweist, können sie aus bis zu insgesamt 1.612 € der Verhinderungspflege zzgl. 806 € aus nicht ausgeschöpften Mitteln der Kurzzeitpflege erstattet werden.
Hintergrund:
Die compass private pflegeberatung GmbH berät Pflegebedürftige und deren Angehörige telefonisch, per Videogespräch und auf Wunsch auch zu Hause gemäß dem gesetzlichen Anspruch aller Versicherten auf kostenfreie und neutrale Pflegeberatung (§ 7a SGB XI sowie § 37 Abs. 3 SGB XI). Die telefonische Beratung steht allen Versicherten offen, die aufsuchende Beratung sowie die Beratung per Videogespräch ist privat Versicherten vorbehalten.
compass ist als unabhängige Tochter des PKV-Verbandes mit rund 600 Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern bundesweit tätig. Die compass-Pflegeberaterinnen und -berater beraten im Rahmen von Telefonaktionen sowie zu den regulären Service Zeiten zu allen Fragen rund um das Thema Pflege.
Pflege Service Portal
Sie möchten sich zum Thema Pflege informieren? In unserem Pflege Service Portal pflegeberatung.de finden Sie hilfreiche Beiträge und Infomaterialien.
Zum Pflege Service PortalIhr Kontakt
Wählen Sie hier den Bereich, zu dem Sie Kontakt wünschen.
0800 – 101 88 00
0221 – 93332 139
bewerbung(at)compass-pflegeberatung.de0221 – 93332 111
kommunikation(at)compass-pflegeberatung.de