Die Doppelrolle meistern: Pflege und Beruf vereinen
Pflege und Beruf unter einen Hut zu bekommen ist häufig eine Herausforderung. Betroffene möchten beidem gerecht werden, dem pflegebedürftigen Familienmitglied ebenso wie dem Arbeitgeber und den Kolleg*innen. Oft kommt es dabei zu Konflikten.
In der Mittagspause kurz bei der pflegebedürftigen Mutter vorbeifahren, um ihr beim Mittagessen zu helfen: Das geht nur, wenn der Wohnort der Mutter und die Arbeitsstätte nicht zu weit voneinander entfernt sind. „Viele Arbeitnehmende in Deutschland kennen den Spagat zwischen Pflege und Berufsalltag sehr gut. Denn rund zwei Drittel der pflegenden Angehörigen in Deutschland sind berufstätig. Gleichzeitig sind diese Pflegepersonen häufig nicht ausreichend über mögliche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf informiert“, sagt Laura Knoepffler, Pflegeexpertin bei compass und Autorin des „Blickpunkt Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“.
Dabei sieht der Gesetzgeber eine Reihe vom Maßnahmen vor, um die Situation pflegender und erwerbstätiger Angehöriger zu verbessern:
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld helfen bei einem neuen Pflegefall
Unabhängig von der Betriebsgröße kann der oder die Arbeitnehmer*in jederzeit und ohne vorherige Ankündigung die kurzzeitige Arbeitsverhinderung geltend machen und das Pflegeunterstützungsgeld beantragen, wenn sich in der Familie ein akuter Pflegefall ergibt. In diesem Rahmen können Angehörige bis zu zehn Tage eine kurzzeitige Auszeit vom Beruf nehmen und erhalten gleichzeitig eine Lohnersatzleistung. Noch bis zum 30.06.2022 gilt hier eine pandemiebedingte Sonderregelung, nach der die Dauer auf bis zu 20 Arbeitstage verlängert werden kann.
Pflegezeit ist für eine längere Pflegesituation gedacht
Das Gesetz ermöglicht es, bei einer längeren Pflegesituation die Pflegezeit zu nutzen. Angehörige können diese für eine Dauer von bis zu sechs Monaten beantragen. Die Pflegezeit muss zehn Tage zuvor vom Arbeitnehmenden angekündigt werden und ermöglicht eine vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit für die häusliche Pflege und für die Betreuung einer oder eines pflegebedürftigen minderjährigen nahen Angehörigen. Die Begleitung der letzten Lebensphase einer oder eines nahen Angehörigen kann für bis zu drei Monate beantragt werden. Im Rahmen der Pflegezeit haben Angestellte einen Kündigungsschutz, der auch bereits im Vorfeld der Auszeit einsetzt. Während der Pflegezeit kann die oder der Angehörige ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zum Ausgleich von Einkommenseinbußen aufnehmen. Einen Anspruch auf diese Freistellung haben Beschäftigte gegenüber Arbeitgebern in Betrieben mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten.
Familienpflegezeit ist die Verlängerung der Pflegezeit
Wenn die sechs Monate der Pflegezeit nicht ausreichen, kann im Anschluss für eine Dauer von bis zu insgesamt 24 Monaten – unter Einrechnung einer gegebenenfalls zuvor genutzten Pflegezeit – die Familienpflegezeit beantragt werden. Diese muss acht Wochen zuvor beim Arbeitgeber angekündigt werden und ermöglicht die teilweise Freistellung für die Pflege einer oder eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung bei einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden. Auch in dieser Auszeit gilt für den Arbeitnehmenden ein Kündigungsschutz ab dem Moment der Ankündigung der Familienpflegezeit, frühestens jedoch ab 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn und bis zu deren Beendigung. Es besteht ebenfalls wie oben beschrieben die Möglichkeit zur Aufnahme eines zinslosen Darlehns. In der Regel kann die Familienpflegezeit ab einer Betriebsgröße von 25 oder mehr Beschäftigten, ausschließlich der Auszubildenden, in Anspruch genommen werden.
Generelle Entlastungsleistungen für Pflegepersonen und Unterstützung vom Arbeitgeber
Darüber hinaus gibt es weitere gesetzlich verankerte Entlastungsangebote für Pflegepersonen wie beispielsweise den Entlastungsbetrag oder die Kurzzeitpflege, die nicht im speziellen Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit stehen.
Betroffene haben außerdem die Möglichkeit weitere individuelle Lösungen mit ihrem Arbeitgeber zu finden, um die Pflegesituation langfristig zu vereinfachen. Pflegende und erwerbstätige Angehörige können mit ihrem Arbeitgeber besprechen, inwiefern sie die Arbeitszeit reduzieren können, ob Arbeitszeiten flexibler gehandhabt werden können oder ob und in welchem Umfang Homeoffice möglich ist. Außerdem ist es ratsam bereits im Vorfeld mit dem Arbeitgeber offen über eine Regelung zu einer möglichen kurzfristigen Freistellung bei einem Notfall zu sprechen.
Weiterführende Informationen
Der „Blickpunkt Vereinbarkeit Pflege und Beruf“ widmet sich unter anderem der Situation von pflegenden und erwerbstätigen Angehörigen in Deutschland und den gesetzlich verankerten Leistungen aus dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz. Weitere Informationen erhalten Sie außerdem unter der kostenfreien Rufnummer 0800-101 88 00.
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