Kündigung durch den Pflegedienst: Was nun?
Viele Pflegebedürftige und deren pflegende Angehörige sind auf die Hilfe und Unterstützung von Pflegedienstleistern angewiesen. Die Leistungen sind vertraglich zwischen Leistungserbringer*innen und Leistungsempfänger*innen geregelt und begründen ein besonderes Vertrauensverhältnis. Was passiert, wenn der Pflegedienst den Pflegevertrag einseitig aufkündigt? Was können Betroffene tun? Welche Fristen und Übergangsregelungen gelten? Besteht Anspruch auf Schadensersatz? An wen kann ich mich wenden? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Pflegeverträge werden zwischen den Vertragsparteien in aller Regel unbefristet abgeschlossen, weil die genaue Dauer der benötigten Pflegeleistungen selten abschätzbar ist. Eine Kündigung des Vertrages kann in diesem Fall sowohl vom Pflegebedürftigen, dessen Vertretungsberechtigten oder vom Pflegedienst ausgesprochen werden. Der*die Pflegebedürftige kann laut § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB XI jederzeit kündigen. Eine abweichende Regelung darf nicht im Vertrag stehen und wäre unwirksam.
Die Kündigungsfristen für Pflegedienste sind hingegen gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Die Frage, wann und mit welchen Fristregelungen ein ambulanter Pflegedienst Leistungsempfänger*innen kündigen darf, richtet sich nach den jeweiligen Regelungen im individuellen Pflegevertrag. Diese können unterschiedlich sein und werden von den Leistungserbringern selber festgelegt. In den häufigsten Fällen ist eine Kündigungsfrist von 14 Tagen vorgesehen. In verbraucherfreundlichen Verträgen kann aber auch eine deutlich längere Frist enthalten sein. Der Pflegedienst kann dann im Folgenden auch unter Einhaltung dieser Fristregelung das bestehende Vertragsverhältnis kündigen.
Kündigungsfrist und Vertragsauflösung ohne Angabe von Gründen
Fehlt im vorliegenden Vertrag eine Regelung zur Kündigungsfrist gänzlich oder wurde kein schriftlicher Vertrag über die Erbringung der Pflegeleistungen zwischen den beiden Parteien abgeschlossen oder sind die vereinbarten Kündigungsfristen unwirksam, gelten für beide Vertragsparteien die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Da der Gesetzgeber in Pflegeverträgen ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Pflegedienst und seinen pflegebedürftigen Vertragspartner*innen sieht, muss der Pflegedienst bei einer Kündigung Rücksicht auf den Pflegebedürftigen nehmen. Gemäß § 627 Abs. 2 BGB sollte Pflegebedürftigen im Kündigungsfall durch den Pflegedienst die Möglichkeit eingeräumt werden, einen alternativen Pflegedienst zu finden und zu beauftragen.
Sollte sich der Pflegedienst nicht an diese Option halten, führen die beschriebenen Umstände jedoch nicht automatisch zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Pflegebedürftigen oder den vertretungsberechtigten Angehörigen könnte daraus aber möglicherweise ein Anspruch auf Schadenersatz erwachsen. Betroffene können und sollten sich in diesen Fällen zur Klärung möglicher Schadensersatzansprüche rechtlich beraten lassen. Dennoch bestünde bei dem*der Pflegebedürftigen und ihren*seinen Angehörigen weiterhin das Problem der nicht gewährleisteten Pflegeversorgung, welche weiterhin zu klären wäre.
Bestehendes Vertragsverhältnis und Schadenersatz
Ein Pflegedienst darf ein bestehendes Vertragsverhältnis aber auch dann kündigen, wenn wichtige und schwerwiegende Gründe für eine Kündigung geltend gemacht werden können. In diesen Fällen müssen die Leistungserbringer, also Pflegedienste, keine Rücksicht auf die Sicherstellung der Pflege nehmen. Liegt ein schwerwiegender Grund vor, besteht zudem kein Anspruch auf Schadenersatz.
Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Regelungen:
- Die Kündigungsfristen für Pflegedienste sind gesetzlich nicht eindeutig geregelt.
- Pflegebedürftige sollten darauf achten, dass der Pflegedienst den Pflegevertrag nur mit einer langen Frist kündigen kann. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollten deshalb im Pflegevertrag eine möglichst lange Kündigungsfrist mit dem Pflegedienst vereinbaren.
- Ohne eine solche Vereinbarung kann der Vertrag von Anbieterseite auch ohne Grund kurzfristig beendet werden und Verbraucher*innen haben möglicherweise nur noch Anspruch auf Schadensersatz.
- Pflegebedürftige können den Vertrag, unabhängig von den Regelungen im Vertrag, jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne Angabe von Gründen kündigen.
Pflegebedürftige und deren Angehörige können sich zur Klärung von Fragen vor Vertragsbeginn und während der Pflegesituation an die Pflegeversicherung oder eine Pflegeberatung, z.B. compass private pflegeberatung GmbH, wenden. In rechtlichen Belangen sollten sich Pflegebedürftige an eine Rechtsberatungsstelle wenden.
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