Verdacht auf Demenz - Das kommt auf Sie zu
Sie haben das Gefühl, dass Sie oder Ihr Angehöriger erste Anzeichen einer dementiellen Erkrankung aufweist und wissen nicht, wie es jetzt weitergeht? Der Neurologe Dr. med. Peter Hoffacker erklärt anlässlich der Woche der Demenz im Interview mit compass private pflegeberatung worauf Sie jetzt achten sollten.
compass: Ich habe das Gefühl, mein Angehöriger zeigt Anzeichen einer beginnenden oder fortschreitenden Demenz: gibt es sichere Indikatoren, anhand derer ich die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung vorab selbst überprüfen kann?
Dr. med Peter Hoffacker: Das Leitsymptom der Demenz ist eine fortschreitende Verschlechterung von Gedächtnisleistung und kognitiven Fähigkeiten. Insbesondere das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit sind bereits ab einem frühen Stadium der Erkrankung betroffen, was zu der typischen Vergesslichkeit der Patienten führt. Das Langzeitgedächtnis ist häufig erst relativ spät gestört, sodass viele Betroffene gerne „von früher“ erzählen und sich im späten Krankheitsverlauf oftmals in der Vergangenheit wähnen, sodass z.B. der längst verstorbene Ehepartner gesucht wird. Es können auch Probleme mit der zeitlichen und örtlichen Orientierung hinzukommen, Patienten finden z.B. nicht mehr den Weg nach Hause oder kommen mit Daten und Terminen durcheinander. Im späteren Verlauf der Erkrankung kann es passieren, dass Angehörige nicht mehr erkannt werden oder die sogenannten „Aktivitäten des täglichen Lebens“, wie sich waschen oder ankleiden, nicht mehr selbstständig durchgeführt werden können.
compass: Wenn ich anschließend eine ärztliche Diagnose haben möchte, um mir und meinem Angehörigen Klarheit zu verschaffen, welchen Arzt sollte ich mit meinem Angehörigen aufsuchen? Kann jeder Arzt, also z.B. der behandelnde Hausarzt, eine demenzielle Erkrankung erkennen und ärztlich begleiten? Sollte ich auf jeden Fall einen Facharzt konsultieren?
Dr. med Peter Hoffacker: Zunächst sollte der Hausarzt aufgesucht werden, welcher die Patienten häufig schon viele Jahre kennt und medizinisch begleitet. Sollte sich der Verdacht auf eine demenzielle Entwicklung ergeben, wird der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie überweisen. Hier werden in der Regel nach der genauen Anamnese auch weitere Untersuchungen durchgeführt, z.B. bestimmte Blut- oder Nervenwasseruntersuchungen, spezielle neuropsychologische Testungen zur Objektivierung der Gedächtnisleistung oder radiologische Diagnostik (z.B. eine Kernspintomographie des Kopfes). Dies ist wichtig, da es unterschiedliche Formen der Demenz gibt und diese auch als Symptom einer anderen Grunderkrankung vorkommen kann, sodass sich hieraus auch Konsequenzen für die medizinische Therapie ergeben können.
compass: Gibt es Tipps oder Tricks, meinen Angehörigen von der Notwendigkeit eines ärztlichen Anamnesegesprächs zu überzeugen? Wenn sich mein Angehöriger weigert, gibt es Alternativen?
Dr. med Peter Hoffacker: Seien sie immer ehrlich und offen mit dem (möglichen) Patienten, erklären sie in Ruhe, was ihnen im Alltag auffällt und worum Sie sich Sorgen machen. Vermeiden Sie es, ihre Angehörige unter falschen Vorwänden zum Arzt zu bringen. Gerade in frühen Stadien der Erkrankung merken die Patienten, dass etwas nicht mit ihnen stimmt und sie reagieren gereizt und ablehnend auf entsprechende Hinweise von Familie und Freunden. Haben Sie hierfür Verständnis, die eventuelle Diagnose einer Demenz ist für die Betroffenen nicht leicht zu verkraften und braucht häufig lange Zeit, um akzeptiert zu werden.
compass: Gibt es spezielle Demenz-Zentren, z.B. an der Uniklinik Köln, an die ich mich wenden kann oder sollte, wenn es mir und meinem Angehörigen möglich ist?
Dr. med Peter Hoffacker: Ja, es gibt an mehreren Kölner Kliniken spezielle Demenz-Zentren, meist im Rahmen einer sogenannten „Gedächtnis-Sprechstunde“, an welche sich Patienten und deren Familie wenden können. Meist ist hierzu die Überweisung eines niedergelassenen Neurologen/Psychiaters oder zumindest des Hausarztes notwendig. Die entsprechenden Informationen finden sie im Internet auf den Homepages der Kliniken.
compass: Wird eine demenzielle Erkrankung erkannt und sind Grad und Spezifizierung festgestellt, wie geht es dann für mich und meinen Angehörigen weiter? Welche Maßnahmen sollten auf jeden Fall getroffen werden?
Dr. med Peter Hoffacker: Wird eine Demenz festgestellt sollten regelmäßige klinische Kontrollen durch den Neurologen oder Psychiater erfolgen. Zudem ist es anzuraten, dass sich frühzeitig um pflegerische Unterstützung gekümmert wird. Auch eine Vorsorgevollmacht ist empfehlenswert, um möglichen finanziellen oder juristischen Schwierigkeiten vorzubeugen.
compass: Lässt sich der derzeitige Behandlungsstandard einer demenziellen Erkrankung in Deutschland einheitlich beschreiben? Wie sehr beeinflussen die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten das Fortschreiten einer Erkrankung?
Dr. med Peter Hoffacker: Je nachdem welche Form der Demenz festgestellt wurde, erfolgt in der Regel unter neurologischer oder psychiatrischer Kontrolle eine kombinierte Behandlung mit Medikamenten sowie weiteren Therapien, welche das Fortschreiten der Erkrankung verhindern sollen. Hierzu zählen z.B. Ergotherapie, Logopädie oder Physiotherapie. Generell gilt aber: Die therapeutischen Maßnahmen verzögern lediglich den Verlauf der Erkrankung, eine Heilung ist nach aktuellem Stand nicht möglich.
compass: Gibt es wissenschaftlich erforschte Präventionsmaßnahmen, die einer möglichen Demenzerkrankung zeitlich vorbeugen können?
Dr. med Peter Hoffacker: Es sollte auf Nikotin und Alkohol verzichtet werden, zudem sollten auch die weiteren sogenannten kardiovaskulären Risikofaktoren (z.B. Körpergewicht, Blutdruck- und Zuckerwerte) gut eingestellt sein. Regelmäßiges Sporttreiben ist ebenso wie „Gehirntraining“, also z.B. Rätseln, empfehlenswert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weiterführende Informationen:
Zur Woche der Demenz 2020 unter dem Motto "Demenz - wir müssen reden!" finden bundesweit zahlreiche Infoveranstaltungen statt. Ratsuchende können sich bei Fragen zum Thema Demenz auch an compass private pflegeberatung wenden. Wir informieren Ratsuchende über die Webseite www.pflegeberatung.de oder über unsere kostenfreie telefonische Servicenummer 0800 – 101 88 00.
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